Die geplante Verlegung der Institution «Soziales Wohnen» vom bisherigen Standort Geissberg ins Hauental lässt betroffene Quartierbewohner den Aufstand proben.
«Das Projekt ist genial» (ungläubiges Schweigen im Saal), «nur definitiv am falschen Ort» (brandender Applaus). Das Votum einer jungen Frau traf genau die Stimmung am Dienstagabend im Zentrum Heuberg, wohin die neu gegründete Stiftung Summerwis die «sehr geehrten Bewohnerinnen und Bewohner von Sommerwies und Sommerhalde» zur Informationsveranstaltung eingeladen hatte. Thema: Der nördlich vom Bus-Wendeplatz geplante Bau einer neuen Unterkunft für «soziales Wohnen», weil der bisherige Standort in einem der Personalhäuser des Kantonsspitals wegen dessen Neubau abgegeben werden muss (siehe SN vom 7.1.). Den notwendigen Beschluss des Grossen Stadtrates zur Abgabe der Parzelle im Baurecht und für einen einmaligen Investitionsbeitrag von 600 000 Franken sowie die Erteilung der Baubewilligung vorausgesetzt («Es ist noch nichts entschieden, alles geht den demokratischen Instanzenweg»), soll hier in einem «unauffälligen» zweigeschossigen Holzbau die bisherige Notunterkunft auf dem Geissberg mit Tagesstrukturen und einfachen Beschäftigungs-Werkstätten von der neuen Stiftungs-Trägerschaft weitergeführt werden. Die Baukosten von rund vier Millionen Franken sind dank eines Drei-Millionen-Beitrags der Jakob-und-Emma-
Windler-Stiftung gedeckt.
Doch nicht Informationen über das Bauliche, das Finanzielle oder die Institution «Soziales Wohnen» als Zuflucht für Randständige («Menschen in schwierigen Verhältnissen») hatten knapp hundert Quartierbewohner angelockt, sondern die Möglichkeit, ein unisono geäussertes «Nicht hier» zu Füssen des heiligen Sankt Florian (Verschon’ mein Haus, zünd’ and’re an) zu deponieren. Während drei Jahren sei an zwölf Orten nach einem Standort gesucht worden und dieser hier an der Sommerwies habe sich als der Einzige erwiesen, der alle zu berücksichtigenden Kriterien erfülle, sagte Stadtrat Simon Stocker. «Geht nochmal über die Bücher», lautete die Antwort aus dem Saal. Und vielfältig wurde am Bild von unliebsamen «Gästen», vom Drogenabhängigen und Alkoholkranken über den Dealer und psycho-sozial Auffälligen bis zum IS-Terroristen gemalt, die da die Gegend unsicher machen würden und vor allem die Kinder nicht mehr gefahrlos sich auf dem nahen Spielplatz tummeln oder unbegleitet zur Bus-Station gehen lassen. Die Stadt habe sich so viel Mühe gegeben, das einst wenig attraktive Wohnquartier aufzuwerten … und nun dies: Mein kürzlich gekauftes Haus ist damit weniger wert, klagte ein Zuzüger.
Sie versuchten an diesem Abend, solchen Ängsten und Befürchtungen den Boden zu entziehen: Martin Amman, Leiter Existenzsicherung beim Sozialamt der Stadt Schaffhausen und Summerwis-Stiftungsratspräsident, Jean-Claude Eberhart als Leiter des «Sozialen Wohnens» auf dem Geissberg, der ehemalige Stadtschreiber Christian Schneider, Jurist und Stiftungsrat, Polizeikommandant Philipp Maier, Architekt Volker Mohr und Stadtrat und Sozialreferent Simon Stocker. Jedes ihrer Argumente, vor allem aus den dreissig Jahren guter Erfahrung mit der Institution auf dem Geissberg geschöpft («Nie ein sicherheitsrelevanter Brennpunkt»), prallte auf Skepsis («Hier wird alles schöngeredet») und Entschlossenheit, Widerstand zu leisten. Der Applaus fiel dünn aus, als Stiftungsratspräsident Amman zum Schluss der zweistündigen Veranstaltung versicherte, «wir nehmen Ihre Bedenken mit und sind weiterhin bereit, den Kontakt und den Meinungsaustausch mit Ihnen zu pflegen.»
Martin Edlin / Schaffhauser Nachrichten vom 9.1.2020